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Eine kurze Bewertung des EKD-Textes „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit  -  Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken"
1. Der Gesamteindruck

Die vermeintliche Orientierungshilfe der EKD gleicht in ihren soziologischen, juristischen und historischen Analysen und in ihren familienpolitischen und kirchgemeindlich-diakonischen Empfehlungen einem großen Heuhaufen, der an nicht wenigen Stellen den guten Duft konzentrierter und detaillierter Information verströmt. Frisches Grün ist die Orientierungshilfe zwar nicht, weil sie kaum etwas bietet, was man nicht auch anderswo finden könnte. Ihr Wert liegt aber immerhin in der Anhäufung von Beobachtungen gesellschaftlicher Veränderungen und in der Frage nach den nötigen Konsequenzen. Aus dieser Sammlung kann man sich manches brauchbare „Futter" für den Bereich der kleinsten Einheiten unserer Gesellschaft und ihre großen Rahmenbedingungen holen.

 

Sogar Sätze für eine Kollektion neuer Spruchkalender finden sich: „Das Angewiesensein auf andere macht uns also gerade nicht unfrei, sondern setzt erst viel von dem frei, was unsere Person ausmacht." (47) Und die Ermutigungen zum Kind, zum Miteinander der Generationen, zu einem gesundenRhythmus für Arbeit und Muße und zur Bildungsgerechtigkeit oder auch die Mahnungen zur Wachsamkeit gegenüber sexueller und sonstiger Gewalt im häuslichen Rahmen wird ja wohl jeder von Herzen bejahen, der auch nur einigermaßen „das Herz auf dem rechten Fleck hat".  

Ein bisschen soziologischer Dummenfang wie der europäische Vergleich von „Modernität" und Geburtenraten findet sich leider auch. (114) Das wirklich Neue und Aufsehenerregende der Erklärung (und ihr eigentliches ideologisches Ziel?) besteht nun aber darin, dass sie mit einem neuen Familienbegriff und dem Grundsatz der prinzipiellen Gleichberechtigung aller existierenden Lebensentwürfe (sofern sie nur noch ein Moment der Fürsorglichkeit enthalten) das biblische Leitbild für Ehe und Familie relativiert und damit letztlich verwirft. Und mit diesem Vorgehen verwirft sie die Heilige Schrift als normierende Norm des Christseins auch ganz grundsätzlich! Und die Bibel ist eben auch ein Buch der Wertschätzung der Schöpfung und ihrer Strukturen, ein „körperhaftes" und nicht nur ein „ideelles" Buch!

Dass die Bibel immer wieder einmal zitiert und im Abschnitt 5 eine „Theologische Orientierung" mit manchen biblischen Reminiszenzen versucht wird, kann über ihre Bibelfremdheit nicht hinwegtäuschen. In der „Mönchenfreier Erklärung" der Sächsischen Bekenntnis-Initiative heißt es dazu: „Die Orientierungshilfe entbehrt in argumentativer Sorglosigkeit einer theologischen Fundierung von Bibel und Bekenntnis her. In ihrer Absage an jedes „normative Verständnis der Ehe als göttliche Stiftung oder natürliche Schöpfungsordnung" widerspricht sie sogar dem evangelisch-lutherischen Bekenntnis (Großer Katechismus, Erklärung zum sechsten Gebot)."

Die diesbezüglichen Beschwichtigungsversuche einiger EKD-Ratsmitglieder könnten vielleicht in einer Gesellschaft des Analphabetismus mit einem gewissen Erfolg rechnen, nicht aber unter Menschen, die die Erklärung selbst lesen können! Und nicht in einer medialen Gesellschaft, in der man noch dazu auf die „versteckten Sprengsätze" im großen Heuhaufen hingewiesen wird! Man denke nur an Kernaussagen wie die folgende: „Angesichts des tiefgreifenden sozialen und kulturellen Wandels ist auch die Kirche aufgefordert, Familie neu zu denken und die neue Vielfalt von privaten Lebensformen unvoreingenommen anzuerkennen und zu unterstützen. Diese Anerkennung ist nicht lediglich als Anpassung an neue Familienwirklichkeiten zu verstehen, sondern als eine normative Orientierung." (132) Solche Aussagen lassen an Eindeutigkeit wohl kaum etwas zu wünschen übrig- und sind ziemlich „verbiegungsresistent".

Im Inneren des Heuhaufens liegt also so etwas wie ein tödlicher Mehrfach-Sprengsatz, der sich durch Verharmlosungsversuche nicht entschärfen lässt. Der Sprengsatz wird  mengenmäßig zwar vom Heu übertroffen. Die eigentliche Wirkung aber geht vom Sprengsatz aus. Seine zerstörerische Wirkung betrifft viele Bereiche: die Ehe wird demontiert, die Bibel und das reformatorische Erbe verworfen, die Kirchen werden geschwächt, die Ökumene zerstört, eine weithin orientierungslose Gesellschaft sich selbst überlassen, der heillose Mensch wird ohne eine biblische Christusverkündigung dem bleibenden Unheil überantwortet…Eine Kirche ohne den entschiedenen Widerstand gegen solche und ähnliche Sprengsätze wird schließlich das salzlose Salz, das nur noch dazu taugt, hinausgeschüttet und von den Leuten zertreten zu werden. 

Und die ersten Segmente des Mehrfach-Sprengsatzes sind bereits explodiert. Man betrachte nur die fassungslosen Reaktionen katholischer Bischöfe und ihre Bitte, die EKD möge wieder zu der gemeinsamen Grundlage des Evangeliums zurückkehren; man höre die teils ehrlich bedauernden, teils hämischen Kommentare der säkularen Medien über die fehlende Orientierung in der Orientierungshilfe. Und das zerstörerische Werk der Sprengsegmente wird weitergehen, wenn es nicht endlich gestoppt wird; nicht zuletzt in Gestalt einer zunehmenden inneren Distanzierung und äußeren Trennung vieler Gemeindeglieder von ihrer einst geliebten Kirche!

Eine solche vernichtende Einschätzung der Orientierungshilfe wäre zu hart und ungerecht, würde man nicht zwischen „Heuhaufen" und „Sprengsatz" differenzieren. Allein auf die Sprengsätze bezogen aber kann man es gar nicht vernichtend genug ausdrücken und davor warnen- weil die Sprengsätze andernfalls unsere Kirche und Gesellschaft  sukzessive zu vernichten drohen.

So kann das Fazit von Bischof em. Dr. Hartmut Löwe nur unterstrichen werden: „Die Veröffentlichung „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit  -  Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken" stellt einen revolutionären Bruch dar in der Kontinuität evangelischer Lehre und gemeinchristlicher Überzeugungen. Begrüßenswerte Vorschläge zu einzelnen familienpolitischen Maßnahmen können diesen fundamentalen Mangel der Verlautbarung nicht kompensieren. Bei ihrer Verabschiedung war der Rat der EKD so orientierungslos, dass er die beabsichtigte Orientierung nicht zu geben vermochte. Diesen Text muss der Rat korrigieren. Andernfalls werden immer mehr evangelische Christen in ihrer Kirche heimatlos."

2. Das Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und biblischer Offenbarung

In der Wissenschaft geht es um die Evidenzbasierung und Plausibilität von Theorien, in der Politik um den Gewinn von Handlungsvollmacht durch das Gewinnen von Mehrheiten, in Theologie und Kirche aber letztlich um die Aktualisierung der bleibenden Wahrheit der biblischen Offenbarung. Diese Wahrheit ist in der Person und im Werk Jesu Christi vereint: Jesus Christus ist der Weg und die Wahrheit und das Leben. Und die hellste Quelle der göttlichen Offenbarung und das unverfälschte Antlitz von Jesus Christus begegnet uns in der Heiligen Schrift.

Dabei gibt es durchaus Schnittmengen zwischen diesen drei Fundamentalparadigmen der wissenschaftlichen Plausibilität, der demokratischen Mehrheit und der biblischen Wahrheit. Diese Schnittmengen können im Idealfall sogar recht groß sein kann. Besonders unverständlich und unverantwortlich aber geht es aber dort zu, wo Theologie und Kirche ihr Grundparadigma preisgeben und andere Erkenntnisquellen über die Heilige Schrift erheben.

Und genau das ist das philosophische Strickmuster der EKD-Orientierungshilfe. Emporstrebende Meinungstendenzen und empirisch vorfindliche Lebensformen werden zum Maßstab erhoben und über die Bibel gestellt. Die „Mönchenfreier Erklärung" sagt deshalb treffend von  der Orientierungshilfe: „Indem sie jedoch alle heute existierenden Lebensentwürfe als prinzipiell gleichberechtigte und gleich gute Formen von Familie akzeptiert, bedeutet dies die Normativität des Faktischen, die niemals Grundlage kirchlichen Handelns sein darf. Fassungslos stellen wir fest, dass sie damit das biblische Leitbild für Ehe und Familie verwirft."

3. Der biblische Befund

Als kirchliche Verlautbarung geht der EKD-Text natürlich anders vor als dies manche politischen Gruppierungen tun würden. Die Ablehnung der normativen Aussagen Bibel erfolgt nicht dezidiert, sondern eher subtil durch eine Neuinterpretation der Bibel. Dabei mag dahingestellt bleiben, ob dies in der Studie in einer hermeneutisch naiven Weise oder ideologiegesteuerte geschieht. Fakt ist, dass der angeblich schon innerbiblisch legitimierte Pluralismus von Lebensformen den Einzeltexten und der Gesamtbewegung der Bibel in keinster Weise gerecht wird. Von den Erfahrungen der Polygamie wird bereits im AT mit immer neuen Unterönen der Kritik erzählt. Homosexuelle Lebenspraxis wird ausnahmslos scharf abgelehnt. Die Rückführung der göttlichen Lebensordnung auf den Schöpfungsanfang durch Jesus und das durch ihn verschärfte Scheidungsverbot lassen an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Und dass die lebenslange Einehe bis zur Scheidung durch den Tod nicht nur das Normale ist, sondern sogar in höchsten Tönen bis hin zur Christus-Gemeinde-Analogie besungen wird, kann man schwerlich übersehen.

Dass Christus zugleich die größte Hilfe im Scheitern sein kann, kommt als gute Botschaft dazu. Dies entkräftet aber in keinster Weise die ebenfalls gute und lebensfördernde Botschaft der  normativen Aussagen zu Ehe und Familie. Jesus rechtfertigt nicht die Sünde, sondern den Sünder. 

Die hohe Wertschätzung von Ehe und Familie mündet in der Bibel jedoch nicht in eine „Diktatur der Ehe", sondern ist verbunden mit einer wertschätzenden und liebevollen Sicht für alleinstehende Menschen, für „Witwen und Waisen". Und diese Sicht erfährt im Neuen Testament sogar noch eine Aufwertung. Im „Nebenstrom" der zölibatären Lebensweise wird eine wichtige berufungsabhängige Form der Christusnachfolge und der Reich-Gottes-Erwartung erblickt. Aber auch hierdurch geschieht eben keine Auflösung der Theologie der Ehe.

Die EKD-Orientierungshilfe kommt auch auf alle diese Lebensformen zu sprechen. Ihr fataler Fehler aber ist die grenzenlose Ausweitung und das Übersehen der auch strukturellen und nicht nur ideellen Vorgaben der Bibel für unser Zusammenleben. 

Wer aber alle erdenklichen Lebensformen (siehe 51 und 52 der Orientierungshilfe!) als gleichwertig und einfach durch ihr Vorkommen in der Bibel als von der Bibel legitimiert sehen möchte, trägt wohl seinem Wunschbild Rechnung, nicht aber dem biblischen Befund. So wird aus der Kirche des Wortes eine Kirche der Wortverdrehung, aus der Kirche der Freiheit eine Kirche der Beliebigkeit. 

4. Juristische und kirchenpolitische Fragen und die Frage der Güterabwägung    

Der Rat der EKD ist schon rein juristisch überhaupt nicht dazu befugt, lehrbildend wirksam zu werden. Und in keinster Weise besitzt er ein theologisches Mandat zur Bekenntnisveränderung! Die „Mönchenfreier Erklärung" beginnt deshalb mit der Feststellung: „Wir widersprechen dem Anspruch der Orientierungshilfe des Rates der EKD und seines Vorsitzenden, ein evangelisches Eheverständnis zu formulieren."

Die Leidtragenden der EKD-Misere sind nicht zuletzt auch die einzelnen EKD-Mitgliedskirchen.  Von vielen Gemeindegliedern wird kaum differenzierend wahrgenommen werden, wer in der Erklärung zu ihnen spricht. Was wahrgenommen wird, ist der Abschied der evangelischen Kirche vom Evangelium. Und das wird die Abschiede von den einzelnen Kirchen befördern.    

Die einzelnen Mitgliedskirchen tun deshalb gut daran, sich klar und ohne Beschönigungen von der zur Debatte stehenden „Orientierungshilfe" zu distanzieren. Konkreter: von ihren tödlichen Sprengsätzen.

Die Güterabwägung dürfte dabei recht einfach sein: Schrift und Bekenntnis, die Mehrzahl der Gemeindeglieder und die ökumenische Gemeinschaft füllen die eine Waagschale. Die Orientierungshilfe der EKD als großer Heuhaufen mit tödlichem Sprengsatz - und als ihr Hintergrund die offenbar tiefe innere Erkrankung des Rates der EKD- füllen die andere.

Gunther Geipel, Bad Elster am 4. Juli 2013

   

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