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Sachsens Evangelikale gegen die Homo-Ehe

Politikredakteur
Meißen Meißen
Dom im sächsischen Meißen. Die Protestantische Kirche in Sachsen hat mit Streit um homosexuelle Pfarrer zu kämpfen
Quelle: DPA
Aus Protest gegen Liberalisierungen verweigern Evangelikale der Landeskirche die Anerkennung und stellen die Bekenntnisfrage. Jede siebte Gemeinde lehnt schwule Gemeinschaften von Pfarrern strikt ab.

So einen Satz gibt es nicht oft in der evangelischen Kirche: "Den Landesbischof, die Kirchenleitung und die Landessynode erkennen wir nicht mehr als geistliche Leitung unserer Landeskirche an."

Es sind fromme Leute, die sich hier von der sächsische Landeskirche distanzieren: Acht Mitglieder einer evangelikalen Missionsgruppe namens Evangelisationsteam haben ein Papier veröffentlicht, in dem sie gegen die "Öffnung der Pfarrhäuser für homosexuell lebende Pfarrer" protestieren.

Zwei Unterzeichner sind der Landeskirche dienstrechtlich verbunden, der pensionierte Pfarrer Theo Lehmann aus Chemnitz und der Jugendevangelist Lutz Scheufler (Waldenburg), in Teilzeit beschäftigt am Landesjugendpfarramt.

Öffnung geht Evangelisationsteam zu weit

Sie akzeptieren nicht, dass es in der Landeskirche – rund 780.000 Mitglieder – laut Synoden-Beschluss vom April künftig homosexuellen Pfarrern möglich sein soll, "im Einzelfall" mit dem schwulen Partner oder der lesbischen Partnerin im Pfarrhaus zusammenzuleben.

Zwar bedeutet dies keine grundsätzliche Anerkennung homosexueller Zweisamkeit im Pfarrhaus, sondern zielt nur auf mögliche Ausnahmen, bei denen die jeweilige Gemeinde zustimmen müsste. Doch obwohl somit die sächsische Regelung restriktiver ist als etwa die in der mitteldeutschen oder der bayerischen Landeskirche, geht schon jene kleine Öffnung den Leuten vom Evangelisationsteam zu weit.

Deshalb gehen sie selbst sehr weit und schreiben: "Der 'status confessionis' ist gegeben." Das heißt: Wegen der Homo-Ehe stellt sich für die Unterzeichner die Frage, ob sie noch denselben christlichen Bekenntnisstand wie die Landeskirche haben. Wobei der Begriff "status confessionis" den Schluss nahe legt, dass die Unterzeichner bei Verneinung jener Frage die Kirche verlassen müssten.

106 Gemeinden unterstützen Homo-Ehen-Kritik

Das wollen sie nicht. "Es ist nicht die Absicht des Evangelisationsteams, kirchenpolitisch hier ein neues Gebilde zu installieren", sagte Lutz Scheufler "Welt Online". Vielmehr wollen die Leute vom Evangelisationsteam eine größere Protestbewegung auslösen und wenden sich zu diesem Zweck an die Sächsische Bekenntnis-Initiative.

Dieser Zusammenschluss aller Homo-Ehen-Kritiker unter den sächsischen Protestanten wird von 106 der 776 Kirchengemeinden unterstützt, nimmt aber anders als die Verfasser der Stellungnahme noch an dem von der Synode beschlossenen Dialogprozess mit der Landeskirche über das Thema teil.

Doch soll die Initiative nach dem Willen der Unterzeichner eine härtere Gangart einlegen: "Die Sächsische Bekenntnis-Initiative bitten wir eindringlich, dass diese umgehend eine Bekenntnissynode gründet", schreiben die Leute vom Evangelisationsteam. Die gesamte Initiative also soll beraten und entscheiden, ob der "status confessionis" gegeben ist – und was dann zu folgen hätte.

Initiative fordert "Bekenntnis-Synode"

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"Ich sehe keinen Sinn mehr darin, den Gesprächsprozess mit der Landeskirche fortzusetzen, weil ich befürchte, dass unsere Seite dabei weich geklopft werden soll", sagt Scheufler.

Stets werde "nur von uns Toleranz erwartet, aber es gibt in der Landeskirche kaum Bereitschaft, auf unsere bibelgemäßen Ansichten Rücksicht zu nehmen. Deshalb ist für uns der Punkt erreicht, an dem wir auf unserem Glauben beharren müssen."

Scheufler betont aber, dass man die Kirche nicht verlassen wolle. Vielmehr wolle man "umgekehrt auch eine Möglichkeit schaffen, dass bei einer Bekenntnissynode all jene Christen weiterhin andocken können, die nicht damit einverstanden sind, wenn Pfarrhäuser für homosexuell lebende Pfarrer geöffnet werden".

Ob die Bekenntnis-Initiative die Synode abhalten wird, ist nach Auskunft von einem ihrer Sprecher noch offen.

Landeskirche ist verstimmt

Bereits klar aber ist, dass eine neue Eskalationsstufe im evangelischen Streit um die Homo-Ehe im Pfarrhaus erreicht ist. Seit die EKD-Synode 2010 es mit einem neuen Pfarrdienstrecht ermöglicht hat, dass die 20 Landeskirchen homosexuelle Lebensgemeinschaften ihrer Geistlichen offiziell akzeptieren können, wird zumal im Süden und Osten heftig gestritten. Der Graben zwischen den Evangelikalen und den liberalen Mehrheitsprotestanten wird wieder tiefer.

Entsprechend verstimmt ist die sächsische Landeskirche. "Natürlich macht uns diese Meinungsäußerung einer kleinen Gruppe betroffen", sagte der Sprecher der Landeskirche, Matthias Oelke, "Welt Online".

Es sei "außerordentlich ärgerlich, dass persönliche Meinungen mit einer so sehr nach außen gekehrten Ausschließlichkeit vorgetragen werden und dass gesagt wird, die eigene Position sei der rechte Glaube".

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Die Landeskirche werde "an ihrem Kurs der Gesprächsbereitschaft" festhalten und mit den Kritikern der Homo-Ehen-Regelung, "auch mit der Bekenntnis-Initiative", weiter den Dialog suchen.

Was den dienstrechtlichen Aspekt angeht, Scheuflers Anstellungsverhältnis, so ist laut Oelke "zu klären, was dahinter steckt, wenn kirchliche Mitarbeiter ihre Loyalität aufkündigen". Scheufler selbst mag da nichts abschätzen: "Was diese persönliche Meinungsäußerung für mich arbeitsrechtlich bedeutet, kann ich nicht beurteilen".

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